Das Szenario

Als Sandra auf dem Weg von der Arbeit nach Hause war, verlangsamte sich der Verkehr auf einer sonst moderat befahrenen Nebenstraße. Fünf Minuten später erreichte sie eine Unfallstelle, an der drei Autos schwer verunglückt waren. Da sie Verletzte sah und noch kein Rettungsdienst vor Ort war, hielt sie an, um zu helfen.

Sie schnappte sich ihr Erste-Hilfe-Kit aus dem Auto und näherte sich der Szene langsam an, während sie sich vergewisserte, dass keine Gefahr im Verzug war. Die Fahrzeuge waren auf dem schmalen Seitenstreifen und teilweise auf der Straße willkürlich aneinandergereiht. Es hatte den Anschein, als ob das zweite Auto in das erste gefahren war und wiederum von einem dritten Auto eingeklemmt wurde. Das erste Fahrzeug war ein Kompakt-SUV und lag ein paar Meter vor den anderen Autos. Seine Heckklappe war aufgesprungen. Sandra konnte sehen, dass keine weiteren Fahrzeuge involviert waren.

Sie erreichte das hintere Fahrzeug als erstes. Es saß niemand darin. Vor dem mittleren Auto fand sie vier Personen, die alle ansprechbar waren. Ein Mann mittleren Alters mit loser Krawatte, der offensichtlich das erste Auto fuhr, stand da, rieb sich sein Genick und telefonierte. Sie konnte hören, wie er den Rettungsdienst rief. Zwei Personen lagen auf dem Boden. Ein Mann blutete an seinem linken Oberarm direkt über dem Ellenbogen. Obwohl er ein T-Shirt auf die Wunde drückte, tropfte das Blut und es hatte sich eine kleine Pfütze gebildet. Er war blass. Die andere Person war ein etwas jüngerer Mann Ende 20. Er befand sich ein paar Meter entfernt und schien auf der Innenseite seines rechten Oberschenkels zu bluten. Eine Jugendliche, die entweder Zeugin oder Passantin war, versuchte zu helfen, indem sie Druck auf die Wunde ausübte. Das Blut sammelte sich jedoch schnell auf dem Boden an. Die Blutung war offensichtlich unkontrolliert und stark.

Sandras Erste-Hilfe-Kit enthielt Wundmaterial zum Abdecken, einen kommerziellen Druckverband, ein einzelnes großes Stück Gaze zur Blutgerinnung, ein Dreieckstuch, standardmäßige Gaze und andere typische Materialien.

Nimm der einen Moment Zeit und schreibe auf, was du anstelle von Sandra tun würdest. Überlege dir, wie sich die Ereignisse entwickeln könnten und wie Sandra reagieren müsste.

Die Hilfeleistung

Hier ist eine Variante, wie Sandra reagieren könnte: Denke daran, dass es selten nur eine richtige Antwort gibt. Es könnte andere oder sogar bessere Lösungen geben. Dabei gilt jedoch immer, dass eine ausreichende Hilfeleistung immer besser als eine perfekte Hilfeleistung ist, die vorenthalten wird.

Sandra hatte bereits festgestellt, dass die Situation sicher für sie war. Der Rettungsdienst war auf dem Weg und alle Unfallopfer waren ansprechbar. Sandra ging direkt zu dem jüngeren Mann, dem die Jugendliche half. Seine Blutung schien die schlimmste und lebensbedrohlich zu sein. Während sie sich als Ersthelfer identifizierte, seine Einwilligung einholte und das Verbandsmaterial anbrachte, übergab sie der Jugendlichen Sujung die nur begrenzt verfügbare Gaze zur Blutgerinnung und bat sie, dem anderen Mann zu helfen, indem sie direkten Druck auf die Wunde ausüben sollte, ohne das T-Shirt zu entfernen. Sandra übernahm die Druckeinwirkung bei dem jungen Mann Zeke, indem sie Gaze zur Blutgerinnung auf die Wunde drückte. Die Blutung nahm etwas ab, stoppte jedoch nicht. Deshalb brachte sie den Druckverband über der Wunde an und zog ihn solange fest, bis zu Blutung stoppte.

Sandra winkte den Mann (Pablo) heran, der den Rettungsdienst gerufen hatte, damit sie dem Mann (Armando) mit dem blutenden Arm helfen konnte. „Setzen Sie sich bitte neben Zeke“, bat sie Pablo, nachdem er versicherte, dass es ihm gut ging. „Und lassen Sie mich wissen, wenn er ohnmächtig wird oder wieder blutet.“ Dadurch wurde Zeke überwacht und sie konnte sich auch Pablo anschauen. „Sie scheinen Probleme mit dem Genick zu haben“, sagte sie. „Bleiben Sie sitzen und versuchen Sie, den Kopf still zu halten, bis sie untersucht werden. Nur, um sicherzugehen. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie sich schlechter fühlen oder Taubheit bzw. ein Kribbeln spüren.“  

Armando nickte leicht zu den Anweisungen. Sujung hatte die Anweisungen befolgt, jedoch drang das Blut weiter durch das T-Shirt. Sandra schaute sich nach einem improvisierten Druckverband um und dachte an Pablos Krawatte. Sie entschied sich jedoch sofort für ihr Dreieckstuch. Ihr fehlte etwas stabiles, um den Verband festzuziehen. Deshalb bat sie Sujung, ihr bei der Suche zu helfen. „Wie wäre es mit der Kurbel des Wagenhebers?“, sagte Sujung und zeigte auf die offene Heckklappe des SUV. Das funktionierte; der improvisierte Druckverband stoppte die Blutung. Sandra fixierte die Kurbel, da sie zu lang war, um in die Öse am Dreieckstuch zu passen, wie sie es gelernt hatte.

Mit der Hilfe von Sujung und Pablo (sitzend) beobachtete Sandra die beiden Männer Armando und Zeke, bis der Rettungsdienst 10 Minuten später ankam und übernahm.

Hinweis: Du kannst das als Grundlage für eine Diskussion nutzen und Szenarien bei deinen EFR®-Kursen und Auffrischungssitzungen üben. Du kannst natürlich einige der Variablen (Bedingungen, Verletzungen, verfügbare Ressourcen, Anzahl der Unfallopfer usw.) ändern, um die Diskussion anzuregen. Ermutige die Teilnehmer, sich andere Wege beim Umgang mit dieser Situation zu überlegen.


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